Politikia (Pirat)

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Politikia hat kein Portrait

Gesellschaftlicher Stand

Ihre Geschichte

Das Orchester erfüllte den großen Ballsaal mit warmer, melodischer Musik. Die mit Diamanten besetzen Kronleuchter tauchten die Räume, welche für den politischen Empfang des Bürgermeisters vorgesehen waren, in ein warmes Licht. Zwischen den vielen gut gekleideten Herren in ihren Fräcken und den Damen in ihren prächtigen Ballkleidern sah man immer wieder eine junge Frau. Es war die Tochter des Bürgermeisters. Politikia besaß eine dunkle, orientalische Schönheit. Sie hatte dunkles, braunes Haar, schief stehende stechend blaue Augen, gebräunte Haut und eine Stimme, weich wie Samt. Man munkelte, dass sie die Tochter eines Piraten sei, das Wesen dazu hatte sie. Temperamentvoll und schön, dennoch gebildet. "Nun ist es schon zwanzig Jahre her, mein Liebling", sprach der Bürgermeister zu seiner Gemahlin. "Vor genau zwanzig Jahren wurde uns dieses wunderbare Mädchen geschenkt." Er wusste noch genau, was in jener Nacht geschah. Zuerst dachten sie, es wäre ein Abend wie jeder andere. Er dinierte wie jeden Abend mit seiner Gemahlin im Speisesaal, als plötzlich ein Diener eintrat und ihm einen Brief überreichte. Ein Brief, welcher sein Leben verändern sollte. Verehrter Bürgermeister, ich erwarte Euch zur Geisterstunde am Hafen östlich Eures Palastes. Mein Schiff liegt dort vor Anker. Tragt keine auffällige Kleidung und kommt allein! Weder ein Siegel, noch eine Unterschrift schmückten den Brief. In dieser Nacht lernte er den gefürchtetsten Piraten des Ozeans kennen. Er trug ein Bündel Stoff auf dem Arm. "Mein Herr, ich bin ein Gesetzloser, ein Pirat. Sicher werdet Ihr von mir gehört haben, dennoch komme ich nicht in böser Absicht. Dieses Kind, meine einzige Tochter, möchte ich in Eure Obhut geben. Die Mutter ist bei der Geburt verstorben, Politikia hat außer mir keinen sonst. Doch bin ich nicht der Vater, den ein Kind braucht. Ich bin Pirat und noch werde ich mich nicht zur Ruhe setzen. Eine Tochter... Eine Frau an Bord bringt Unglück! Meine Männer würden meutern. Ich gebe meine Tochter Euch, Bürgermeister. Dies ist meine Heimatinsel, ich möchte, dass mein Fleisch und Blut hier aufwächst, das Leben auf dieser Insel habe ich in guter Erinnerung. Ihr, werter Bürgermeister, sollt ihr alles beibringen was ihr wisst! Macht eine Gelehrte aus ihr. Sie soll eine jener Frauen werden, mit Hilfe meines Blutes, welche in die Bücher eingehen! In 20 Jahren werde ich zurückkehren und meine Tochter holen. Auch die raue Seite des Lebens soll ihr nicht verwehrt bleiben. Sie wird mit mir die Welt bereisen und das lernen, was Ihr sie nicht lehren konntet." Er gab dem verdutzen Bürgermeister das Bündel in die Hände. Erst jetzt sah er, dass das schlafende Baby zwischen den Tüchern in Goldmünzen gebettet war. Als er wieder hoch sah, war der Pirat verschwunden. Heute, zwanzig Jahre später, betrachtete der Bürgermeister Politikia. Er hatte sie alles gelehrt was er wusste, sie war zu einer gebildeten, schönen Frau gediehen. Heute Nacht wird er kommen. Der Bürgermeister wusste es, spürte es. Ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass es nur noch wenige Minuten bis Mitternacht waren. Er ging auf Politikia zu. Sie sah ihn kommen und ging ihm entgegen. "Vater! Ein wunderbarer Ball!", rief sie ihm zu. "Komm mit mir in die Bibliothek, mein Liebes, ich muss mit dir sprechen." Überrascht folgte sie ihm. Als sie den ihr liebsten Raum im ganzen Palast betraten, sah sie eine große, dunkle Gestalt am Fenster stehen. Er drehte sich um und Politikia konnte in ihre eigenen Augen blicken. "Wer seid Ihr?", fuhr sie den Fremden an. "Nun, meine Tochter, es ist Zeit. Wir müssen gehen."

Fünf Jahre später konnte Politikia fast lachen über die Ironie, die dieses erste Treffen mit ihrem leiblichen Vater an sich hatte. Die letzten fünf Jahre hatte sie mit ihm zusammen die Meere besegelt. Dort, auf der rauen See nutzte ihr all das Wissen nichts, das sie von ihrem Ziehvater gelernt hatte. Dort war jeder gleich. Ob Edelmann oder Bettler, jeder hatte seine Aufgabe, welche es zu erledigen galt. Nun stand sie vor dem Grab ihres leiblichen Vaters, blickte auf den Stein hinab und bedankte sich im stillen dafür, dass er ihr das Leben gezeigt hat, welches er gelebt hat. Nun wusste sie, woher ihre Neugier, ihr Temperament, ihre schnelle Auffassungsgabe kamen. Sie glich ihrem Vater nicht nur äußerlich, sondern auch das Wesen hatte sie von ihm. Kurz vor seinem Tod hatte er ihr berichtet, dass ihre Mutter bei ihrer Geburt ums Leben kam und sie keine leiblichen Verwandten mehr hatte. Auch könne sie nicht mehr zu ihrem Ziehvater, dem Bürgermeister ihrer Heimat zurück. Was sollte sie nur tun? Sofort nach seinem Begräbnis wurde die Ange Noir, das Schiff ihres Vaters, verbrannt. Zu Ehren seiner Siege, so sagte man ihr. Daraufhin ging die Crew auseinander. Vielleicht würde man sich wieder sehen, vielleicht aber auch nicht. Piraten binden sich nicht. Sie haben keine Freunde, keine Familie. Höchstens Geliebte in den verschiedenen Häfen, die sie befuhren. Sie drehte sich um und ging Richtung Klippen. Wenn ihr jemand Trost spenden konnte, so war es der Ozean, welcher ihr ein guter Freund geworden war. So stand sie da und blickte die Wellen an, wie sie brachen. Hörte das Singen des Meeres, das sie zu rufen schien. "Du liebst das Meer genauso wie ich, Kind", sagte eine tiefe, dunkle, rauhe Stimme hinter ihr. Politikia wirbelte herum. "Wer seid Ihr?" Der Fremde wirkte heruntergekommen, er trug schwarze Kleidung und einen Umhang. Sein rabenschwarzes Haar stand ihm wirr vom Kopf, sein schwarzer Bart hing ihm fast bis zur Brust. "Mein Name ist Klabauter, ich war ein Freund deines Vaters. Es tut mir sehr Leid für ihn, er war ein todesmutiger Pirat, vielleicht sogar der Beste, nach mir." "Seid Ihr in seiner Crew gesegelt?", fragte sie ihn. Er lachte dröhnend und nahm einen Schluck aus seiner Rumflasche. "Mein Kind, Dein Vater segelte einst in meiner Crew!" "Nun, Ihr segelt wohl nicht mehr, Klabauter?" Er blickte ihr in die Augen, musterte sie und erwiderte: "Nun mein Kind, in meinem Alter segelt es sich nicht mehr so gut..." "Warum seid Ihr hier?" "Du weißt nicht wohin, richtig? Du sehnst Dich nach einer Aufgabe, weißt aber nicht wo Du sie finden sollst, nicht wahr? Nun, Piratentochter, ich habe eine Aufgabe für Dich. Ich gebe Dir die Chance, Dein Wissen und Deine Erfahrung anzuwenden und noch dazu zu lernen. Was hältst du davon?" "Von was für einer Aufgabe sprecht Ihr?" Wieder nahm er einen Schluck Rum: "Ich spreche von einer Zeitung. Eine Zeitung, die auf dem ganzen Ozean verteilt und gelesen wird. Die nicht abhängig von einer Regierung ist. Wo die Berichterstatter todesmutig ihr Leben durch einen Artikel aufs Spiel setzen. Davon spreche ich, Kind, und ich biete Dir an, daran teilzuhaben." Mehr brauchte sie nicht zu wissen. "Gut."